Was unsere Förder*innen und Spender*innen bewegt

Was unsere Förder*innen und Spender*innen bewegt

“Mein Großvater hatte vor dem zweiten Weltkrieg gemeinsam mit zwei jüdischen Kaufleuten eine große und erfolgreiche Firma. Nachdem eine jüdische Familie vertrieben und die andere jüdische Familie in Auschwitz ermordet worden war, blieb mein Großvater als alleiniger Besitzer der Firma übrig. Inwieweit er sich schuldig gemacht hat in dieser Zeit, lässt sich zwar nicht mehr ganz zweifelsfrei klären, aber sicher ist, dass mein Großvater Profiteur der Judenverfolgung war.
Als Erbin in der zweiten Generation, gebe ich heute symbolisch einen Teil meines Erbes zurück und danke der Stiftung für diese Gelegenheit.”

Ulrike R. 

“Meine Geschichte des ‘Zurückgebens’ beginnt eigentlich bereits 3 Monate vor meiner Geburt – nämlich am 10. November 1938, am Morgen nach der Reichspogromnacht in meiner Geburtsstadt Wiesbaden: Auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte in der vornehmen Wilhelmstraße kommt mein damals 30-jähriger Vater an dem benachbarten jüdischen Juweliergeschäft Netter, Herz und Heimerdinger vorbei. Die Schaufensterscheiben waren in der Nacht eingeschlagen worden und viele Gegenstände lagen vor dem Geschäft auf dem Boden. Mein Vater machte es wohl wie viele seiner Kollegen – er packte seine Aktentasche voll mit kleineren Gebrauchsgegenständen: ein paar Bleikristallschalen, Spiegel und Handbürsten. Die Gegenstände wurden in den Haushalt meiner Eltern integriert und meine Mutter sprach noch Jahrzehnte später von “Erinnerungsstücken”. Ich muss wohl schon als Kind gewusst haben, dass diese Gegenstände unrechtmäßig in unseren Haushalt gekommen waren, habe aber nie mit meinem Vater darüber gesprochen. Erst viele Jahre nach seinem Tod kam für mich die Gelegenheit, diese Gegenstände in irgendeiner Weise ‘zurückzugeben’: In meiner Heimatstadt Wetzlar wurde die Wanderausstellung ‘Legalisierter Raub’ des Hessischen Finanzministeriums und des Hessischen Rundfunks eröffnet. Bei der erstbesten Gelegenheit fragte ich die Ausstellungsleiterin, ob und wie ich die Gegenstände aus jüdischem Besitz zurückgeben könnte. Es traf sich gut, dass die Ausstellung anschließend in meine Geburtsstadt Wiesbaden kam. Im ‘Besitz’ meiner Mutter befanden sich nur noch die kleinen Bleikristallschalen, alle anderen ‘Erinnerungsstücke’ waren nach mehr als 60 Jahren Nutzung im Haushalt als nicht mehr brauchbar entsorgt worden. Meine Mutter übergab mir die Bleikristallschalen ohne nachzufragen, was ich mit ihnen vorhatte. Als ich meinem Bruder später am Telefon erzählte, dass ich die Schalen der Ausstellung zur Verfügung stellen wolle zusammen mit Hinweisschildchen zur Herkunft der Schalen, rastete er geradezu aus: ‘Willst Du etwa unseren Vater als Dieb bezeichnen?’ – Ja! Er hat diese Gegenstände unrechtmäßig erworben und konnte froh sein, dass ihn die Nazi-Schergen damals nicht erwischt hatten. So ließ ich die Bleikristallschalen ohne seine Zustimmung ausstellen. Schon wenige Tage nach Ausstellungseröffnung erfuhr ich, dass Dorothee Lottmann-Kaeseler, die Leiterin des ‘Aktiven Museums Spiegelgasse für Deutsch-Jüdische Geschichte in Wiesbaden’ befreundet war mit Gaby Glückselig, Tochter des früheren Ladenmitbesitzers Bruno Netter, die noch vor der Reichspogromnacht in die USA emigrieren konnte und seitdem in New York lebte. So konnte Frau Lottmann-Kaeseler bei ihrem nächsten Besuch in New York ihrer Freundin eine der Bleikristallschalen persönlich überreichen. Ein Jahr später lernte ich zusammen mit meiner Frau anlässlich meiner Teilnahme am New York Marathon Gaby Glückselig persönlich kennen. Es war ein Besuch – so herzlich wie bei einer nahen Verwandten. Noch während der Ausstellung ‘Legalisierter Raub’ in Wiesbaden ergab sich der Kontakt zur ‘Stiftung Zurückgeben’ in Berlin und ein paar Jahre später ein Besuch bei der Berliner Malerin Silvia Dzubas, die von der Stiftung unterstützt wurde. Im Jahr 2006 erschien meine sicherlich nicht besonders aufregende Familiengeschichte in der Zeitschrift BRIGITTE, 2014 im Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG sowie in der israelischen Zeitung HAARETZ. Ende Januar diesen Jahres besuchte mich sogar ein israelisches Filmteam, um in Wiesbaden und Wetzlar meine Geschichte der Rückgabe von jüdischem Eigentum für einen Fernsehfilm zum Thema ‘Zurückgeben’ aufzunehmen.” 

Klaus K.

“Ich lebe seit meiner Kindheit mit Porzellan, von dem meine Mutter immer sagte: “Das ist von Juden.” Nachdem unsere Wohnung im Dezember 1941 zerstört war, hatte sie sich wohl Haushaltsgegenstände auswählen können, die Juden abgenommen worden waren. Nun sind sie mir wertvoll geworden als Erinnerung und Mahnung, doch bezahlt sind sie niemals. Wenn ich sie wenigstens symbolisch noch bezahlen kann, gebe ich sie leichter an Erben weiter.” 

Ilse E.

“Der Gedanke, zurückzugeben, hat mich sehr berührt. Genau richtig fand ich das. Meine Mutter war in Berlin eine junge Frau, als der Krieg begann. Ich weiß nichts über eine konkrete Vorteilsnahme, aber das finde ich in diesem Zusammenhang völlig unerheblich, denn wir nachfolgenden Generationen von nichtjüdischen Deutschen haben eine Verantwortung. So möchte ich etwas zurückgeben.” 

Stephanie G.